Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Gar nicht übel: Quittensirup bei Schwangerschaftsübelkeit
Studien kurz und knapp

Gar nicht übel: Quittensirup bei Schwangerschafts­übelkeit

Von Daniela Hacke M.A.

Schwangerschaft Phytotherapie

Wirksam, gesund und gut verträglich – Sirup aus der Quittenfrucht reduziert schwangerschaftsinduzierte Übelkeit besser als standardmäßig verabreichtes Vitamin B6.

Acht von zehn schwangeren Frauen werden von Übelkeit und Erbrechen geplagt. Bei besonders stark ausgeprägtem Verlauf spricht man von Hyperemesis gravidarum. Nicht selten führt der anhaltende Brechreiz mehrmals täglich zur unfreiwilligen Entleerung des Mageninhalts und infolgedessen zu teils gravierendem Flüssigkeits- und Nährstoffverlust. Eine Anpassung der Ernährung, der Ausgleich des entstehenden Flüssigkeits- und Nährstoffmangels und die Behandlung der Symptome mittels medikamentöser Verfahren sowie eine Vitamin B6 (Pyridoxin)-Supplementierung gehören zur Standardtherapie der Hyperemesis gravidarum. Da insbesondere in der frühen Schwangerschaftsphase wegen möglicher Komplikationen und Schädigungen des ungeborenen Kindes auf synthetische Arzneimittel möglichst verzichtet werden sollte, wird zunehmend auf pflanzliche Mittel wie z.B. Pfefferminz und Ingwer zurückgegriffen, um die Schwangerschaftsübelkeit zu mindern.

Die Babyfibel

Die Babyfibel

Homöopathie, Schüßler Salze, Heilpflanzen u.v.m. für Schwangere und junge Mütter

Michael Elies · Annette Kerckhoff

ISBN: 978-3-945150-52-8
Erscheinungsjahr: 2016

12,00 EUR

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Eher unüblich ist in diesem Kontext der Einsatz der Quitte (Cydonia oblonga). In der Traditionellen Iranischen Medizin ist die Quitte unter anderem als Magentonikum zur Linderung von Übelkeit und Erbrechen sowie als Mittel zur Appetitanregung dokumentiert. Diese Erkenntnis veranlasste iranische Wissenschaftler zur Initiierung einer Studie, die die Wirkung von Quittensirup im Vergleich mit Vitamin B6 bei unter Schwangerschaftsübelkeit leidenden Frauen untersucht. [1] In die Studie wurden an fünf klinischen Zentren in Teheran und Qom 90 Frauen in der Gestationsphase zwischen der 6. bis 14. Woche und einer therapiebedürftigen, schwangerschaftsinduzierten Übelkeit von 3 bis 12 Punkten auf der PUQE-Skala (PUQE = Pregnancy-Unique Quantification of Emesis) mit und ohne Erbrechen eingeschlossen. Die per Zufallsprinzip zwei Gruppen zugeteilten Probandinnen erhielten über die Therapiephase von einer Woche dreimal täglich jeweils vor den Mahlzeiten entweder einen Esslöffel des eigens für die Studie hergestellten Quittensirups oder aber eine Tablette mit einem Gehalt von 20 mg Vitamin B6 pro Einheit. Die Einnahme zusätzlicher Medikationen war nicht erlaubt. Außerdem wurden die teilnehmenden Frauen zu einer Vermeidung von fettem Essen und dem Verzehr regelmäßiger kleiner Mahlzeiten angehalten. Während der einwöchigen Therapiephase und der nachfolgenden, ebenfalls siebentägigen Nachbeobachtungszeit dokumentierten die Probandinnen mittels PUQE-24-Fragebogen die Dauer, Häufigkeit und Intensität ihrer Übelkeit und des auftretenden Erbrechens. Darüber hinaus wurden die Frauen zur Erfassung auftretender Nebenwirkungen angehalten.

In der Auswertung wurden die Daten von 76 Patientinnen  berücksichtigt. In der Quittensirup-Gruppe konnte im Vergleich mit der Vitamin B-Gruppe nach 7 Tagen bereits eine klinisch signifikante Besserung um rund 4,3 Punkte auf der PUQE-Skala beobachtet werden, die noch eine Woche nach Beendigung der Therapie anhielt, während die Punktedifferenz in der Vitamin B-Gruppe nach 7 Tagen lediglich 1,1 Punkte – mit sinkender Tendenz nach 14 Tagen – betrug. Zudem wiesen die Frauen in der Quittensirup-Gruppe zu Studienbeginn eine höhere Punktezahl auf der PUQE-Skala auf (9.55, Standardabweichung 2.05) als die Probandinnen in der Vitamin B-Gruppe (8.44, Standardabweichung 1.87). Daraus schlussfolgern die Wissenschaftler, dass die Quittensirup-Intervention sich auch bei schwereren Verläufen erfolgreich zeigt. Keine der Studienteilnehmerinnen klagte über das Auftreten von Nebenwirkungen.

Einschätzung

Diese erstmals unter Einbeziehung einer Nachbeobachtungszeit durchgeführte Studie zeigt, dass Quittensirup eine adäquate und gut verträgliche Therapiewahl in der Behandlung vor allem in der frühen Schwangerschaftsphase auftretenden Übelkeit mit Erbrechen ist. Langzeitbeobachtungen fehlen jedoch bisher. Diese könnten jedoch angesichts häufig auftretender, über mehrere Wochen, teils über Monate anhaltender Schwangerschaftsübelkeit interessant werden. Für schwangere Frauen mit Schwangerschaftsübelkeit könnte Quittensirup eine Alternative zu den oft weniger gut verträglichen Ingwerpräparaten darstellen. Da die Quitte jedoch neben Nährstoffen wie Vitamin C auch B-Vitamine, darunter Folsäure, enthält, könnte sie auch hinsichtlich der Nährstoffzufuhr schwangerer Frauen eine interessante Rolle spielen. Nachteilig zeigt sich jedoch die Tatsache, dass Quittensirup üblicherweise bisher nicht als fertiges, standardisiertes Produkt erhältlich ist, sondern jeweils erst hergestellt werden muss.

Literatur

1) Jafari-Dehkordi E, Hashem-Dabaghlan F, Aliasi F, Aliasi J, Taghavi-Shirazi M, Sadeghpour O, Sohrabvand F, Minaei B, Ghods R. Comparison of quince with vitamin B6 for treatment of nausea and vomiting in pregnancy: a randomised clinical trial. J Obstetr Gynaecol 2017; 37(8): 1048-1052 Abstract